100 Jahre Gnadenkirche. Die Rede von Erzbischof Feofan.
18.12.2007 | Thema: Tagebuch |
Liebe Schwester in Christus, Frau Bischöfin Maria Jepsen, Herr Generalkonsul der Russischen Föderation in Hamburg, liebe verehrte Gäste, liebe Schwestern und Brüder.
Am heutigen Tag, an dem die westlichen Kirchen beginnen, die Geburt Christi zu feiern, haben wir uns versammelt, um den Geburtstag der Gnadenkirche zu begehen, ihr einhundert-jähriges Jubiläum. Und um dem Gnadenbringer unsere gemeinsamen Worte der Dankbarkeit für diese herrliche Kirche im Namen vieler Generationen von Menschen empor zu senden, die in ihr geistlichen Trost finden.
An dieser Kirche ist ein schwieriges Jahrhundert vorbeigezogen. Es war eines der tragischsten Jahrhunderte in der Geschichte der Menschheit. Und diese Kirche wurde prophetisch geweiht mit einem wundervollen Namen, weil sie in dieser schwierigen Zeit viele Generationen leidender Menschen getröstet hat, die hier Gottes Barmherzigkeit suchten.
Für die Russisch-orthodoxe Kirche ist die Erwerbung dieser Kirche auch ein sichtbares Zeichen der Barmherzigkeit Gottes. Das Wunder der Erwerbung ihres eigenen Hauses wurde für die zahlreiche Hamburger Gemeinde möglich dank der langjährigen guten Beziehungen zwischen der Evangelischen Kirche Deutschlands und der Orthodoxen Kirche in Russland. Es ist bekannt, dass das Nordelbische Bistum der Evangelischen Kirche hilft, das orthodoxe Kloster in Tervenitch bei Sankt-Petersburg wiedererstehen zu lassen; zu einer wichtigen christlichen Aktion der Evangelischen Kirche wurde der Nachtbus in Sankt-Petersburg, in dem jeder Bedürftige Zuspruch und Essen bekommen kann. Diese Kirche, in der wir uns befinden, ist eine Frucht des brüderlichen Verhältnisses zwischen den beiden Kirchen. Die Gemeinde kaufte das Grundstück, auf dem die Kirche steht, von der Stadt Hamburg, aber das Kirchengebäude wurde ihr für den symbolischen Preis von einem Euro übergeben. Die Gemeinde ist mit dem erhaltenen Geschenk sehr verantwortungsvoll umgegangen und hat in diesem kurzen Zeitraum eine grundlegende Renovierung des Gebäudes durchführen lassen. Die Kirche ist in der Tradition der Orthodoxen Kirche ausgeschmückt, es wurden eine Kuppel und fünf goldene Kreuze aufgestellt. Eine Ikonostase wurde errichtet. Um die Innengestaltung des Gebäudes zu bewahren wurde entschieden, keine neue Ikonostase zu errichten, sondern sie auf der Wand auszuführen, welche nach dem Projekt des Architekten Lorenzo zentrales Element der Kirche ist. Die Ikonostase ist in der alten Technik der nassen Fresken auf dieser Wand ausgeführt. Das Fresko selbst ist in der Tradition der romanischen Kunst ausgestaltet . Eine besondere Bedeutung wird hier den deutschstämmigen Heiligen zugewiesen. An erster Stelle ist der heilige Ansgar von Hamburg hervorzuheben, der Apostel Skandinaviens und Begründer Hamburgs. Die Heiligen der ungeteilten Kirche Christi – so wie den heiligen Ansgar – nehmen wir wahr als Fürbeter der Einheit aller christlichen Kirchen. Das Beispiel ihres Lebens ist uns Antwort auf die Frage, wie der Dialog zu führen ist und wie wir uns einander annähern können. Der selbstlose Dienst an Christus, ein Leben nach dem Evangelium und die Bereitschaft zu einem apostolischen Bekenntnis des eigenen Glaubens – wenn wir uns auf dieses Fundament stellen, können wir dieselbe Sprache sprechen und einander vollkommen verstehen.
Auf unserem Fresko sehen Sie außerdem den heiligen Prokopij von Ustjug – einen hanseatischen Kaufmann, der aus Lübeck stammte. Er nahm im 13. Jahrhundert in Novgorod den russisch-orthodoxen Glauben an, der ihm zu verstehen half, dass der unvergängliche Reichtum der menschlichen Seele hoch über dem vergänglichen Strahlen materieller Pracht steht. Und die heilige Elisabeth – eine deutsche Prinzessin, Schwester der letzten russischen Zarin. Diese Frau hat ihre zweite Heimat und deren einfaches, aufrichtiges Volk so geliebt, dass sie zu einer orthodoxen Nonne und Märtyrerin in Christi wurde.
Wir glauben, dass diese Heiligen auch den Russen, die in Deutschland leben, helfen, dieses Land, seine große Kultur und das gastfreundliche deutsche Volk aufrichtig zu lieben.
Ich wünsche Ihnen allen, liebe Brüder und Schwestern, Gottes Barmherzigkeit und einen Abend voller Freude.