Predigt vom 7.4.20 zum Fest der Mariä Verkündigung
8.04.2020 | Thema: Predigt |
Originale Version der Predigt (russisch): https://www.hamburg-hram.de/letopis/slovo-protoiereya-sergiya-baburina-07-04-2020-na-prazdnik-blagoveshheniya-presvyatoj-bogorodicy/15383.html
Predigt von Vater Sergij Baburin
Hamburg, den 7.4.2020
Mariä Verkündigung, Blagoweschenje Preswjatoj Bogorodicy
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Herzlichen Glückwunsch zum Feiertag Mariä Verkündigung! „Segensreiche,
gute, frohe Botschaft“, so wird das Wort „Blagoweschenje“ (Verkündigung)
aus dem Kirchenslawischen ins moderne Russisch übersetzt. So wird auch
der Name des wichtigsten Buches unseres Glaubens, „Evangelium“,
übersetzt: segensreiche, gute, frohe Botschaft. „Blagoveschenie
Preswjatoj Bogorodicy“ kann man übersetzen als „frohe Botschaft an die
Heilige Gottesmutter“. Es ist die frohe Botschaft, dass sie Mutter wird.
Aber für uns alle ist es die frohe Botschaft, dass mit Ihrer
Mutterschaft die Inkarnation Gottes beginnt.
Was bedeutet nun diese Freude? Es ist nicht nur die Freude über Ihre
Mutterschaft, nicht nur die Freude darüber, dass Gott in unsere Welt
eintritt, sondern in diesem Feiertag liegt auch eine tiefere
Glaubensweisheit darüber, dass die Gottesmutter als hellster, reinster
und würdigster aller Menschen die Worte spricht, die wir heute hören:
„Mir geschehe, wie du gesagt hast“. („Mir geschehe“ wird im Russischen
als „es werde“ übersetzt). Und diese Worte der Heiligen Gottesmutter
erklingen auf die Botschaft des Erzengels hin. „Es geschehe die
Errettung des menschlichen Geschlechts“. Sie antwortet für die ganze
Menschheit mit Zustimmung und Bereitschaft. Wir sehen, wie achtsam der
Herr an diesem Feiertag Sorge trägt für unsere menschliche Freiheit. Er
fragt. Um Erlaubnis. Zu uns kommen zu dürfen. Um uns zu retten.
Der Heilige Philaret aus Moskau sagt über diese Worte, dass in ihnen
Texte mitklingen aus dem 1.Buch Mose, der Genesis, das wir heute gehört
haben: „Es werde…!“ (gleicher Wortlaut mit „es geschehe!“ auf Russisch).
So hat Gott die Welt erschaffen. Und mit der Schöpfung kam das Geschöpf
in die Welt. Mit den Worten der Heiligen Gottesmutter „Es geschehe…!“
(gleicher Wortlaut wie „es werde!“ auf Russisch) kam der Schöpfer in die
Welt. In der Welt, die in Sünde versunken, aber immer noch eine
wunderbare göttliche Schöpfung ist, kann man dieses „Es geschehe“ wie
einen Beginn übersetzen. Man kann es aber auch als Grundlage ansehen,
als Grundlage für unsere Rettung, die mit diesem Feiertag beginnt. Mit
diesem Feiertag beginnt das Leben des Herrn unter uns, in diesem kleinen
Punkt unter dem Herzen der Gottesmutter kommt Gott in unsere Welt. Die
Gottesmutter wird zur Tür, indem er sie als menschliches Wesen zum
Tempel der Gottheit werden lässt, damit Er, die Leiter hinabsteigend,
durch diese Tür auf die Erde kommen kann. Über diese Bilder haben wir
gestern gehört im Abend-Gottesdienst, in den Paroemien, den
alttestamentarischen Weissagungen dieses Feiertages.
„Der Herr ist mit uns!“ – das ist die größte Freude dieser Feier. Wie
sehen, dass wir diese Freude heute feiern. Gleichzeitig verdichten sich
Wolken von Versuchungen um uns herum. Wir erleben, wie wir uns genauso
leicht in den Segnungen der Zivilisation baden, wie wir uns im Pisspott
vom „Fischer und seiner Frau“ wiederfinden. Der Herr sagt: „Sei bei
deiner Familie in dieser Zeit! Denke darüber nach, was Familie für dich
bedeutet und was dir deine Familie bedeutet!“ Sehr oft ist die Familie
doch nur ein Ort, an dem man sich trifft, aber völlig fremde Menschen
sich treffen, die Nacht unter einem Dach verbringen, wieder
auseinandergehen, zurückkommen, still vor dem eigenen Fernseher oder
Computer sitzen, selten ein wenig miteinander streiten, dann wieder
auseinander streben, und jeder seiner Wege geht. So sieht es doch oft
aus, unser Familienleben. Der Herr sagt uns: „Wenn ich jetzt die Kirchen
schließe, lasst eure Familien sich wieder daran erinnern, was die
häusliche Kirche ist! Die Kirche ist jetzt dort, zuhause. Lernt zuhause
beten! Lernt zuhause darüber nachzudenken, worin die göttliche Berufung
der einfachen, alltäglichen Lebenserscheinungen und -handlungen
besteht!“
Und wir sehen, dass die Welt eine ganz besondere, schwierige Erfahrung
macht. Viele von uns haben noch die sowjetische Diktatur erlebt, als der
Mensch ein Rädchen im System zu sein hatte, ein Bolzen, eine
Schraubenmutter. Und wir erleben heute zum Teil in uns Übrigbleibsel
dieses Rostes, dieser großen, einheitlichen Kolchose. Zur gleichen Zeit
sehen wir, wie heute versucht wird, unsere Welt in eine große, folgsame,
digitale Kolchose zu verwandeln. Und jeder wird heute wieder nicht nur
zu einem Rädchen, sondern noch zu einem Fädchen eines globalen Netzes,
das um die Welt gelegt wird. Und während der Zeit, die wir jetzt haben,
legt uns der Herr nahe, erlaubt Er es uns, zu erspüren, die zarte Grenze
unseres Daseins. Natürlich verstehen wir, dass die digitalen
Technologien nicht nur Fesseln der Unfreiheit sind, sondern auch die
Saiten sein können, auf denen König David seine Psalmen sang. So können
auch wir Gott loben mithilfe solcher Technologien. Aber hier gibt es
eine es feine Grenze, an die wir zu dieser Zeit erinnert werden: dass
die Saiten sich nicht in Fesseln verwandeln dürfen!
Und gebe Gott, dass wir heute empfinden, dass jedem Christen zur Freude
dieses Feiertages zwei Flügel erwachsen, die keine Fessel binden können.
Diese Flügel heißen Martha und Maria. Maria, als eine innere
Herzensschau des Menschen. Ein Herz, das Gott hingegeben ist, nicht den
Vergnügungen des endlosen Netzes, durch das sich der Feind in unseren
Seelen unserer Rettung so leicht bemächtigt, so unbegrenzt und
hürdenlos. Und der zweite Flügel, das ist Martha. Das ist unser Handeln,
das ist unser tätiges Christentum. Nicht zufällig hören wir bei allen
Feiertagen der Heiligen Gottesmutter, außer heute, den Evangelientext
über Martha und Maria. Denn so war die Gottesmutter. Sie lehrt uns
nichts zu fürchten und Gott zu folgen. Wir sehen, dass Ihr Leben
ausgesprochen schwer war. Dabei war sie ein glücklicher Mensch, denn in
Ihrer Seele war Gott. Und gebe Gott, dass wir Ihr heute gleich werden.
Wenn wir die Worte fühlen, die Gott an uns richtet: „Und siehe, ich bin
bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“, wenn wir fühlen, wie er bei
uns ist, dann können wir nichts fürchten. Dann haben wir vor nichts
Angst, vor Ängsten nicht, vor Krankheiten nicht, vor keinen
apokalyptischen Weissagungen oder Symbolen. Wir fühlen dann, dass der
Herr bei uns ist. Und dann können wir mit der Gottesmutter sagen: „ich
bin Diener“ des Herrn, und „mir geschehe, wie Du gesagt hast, es
geschehe Dein Wille“.
Gebe Gott, dass wir aus der Tiefe des Herzens diese Worte der
Gottesmutter nachempfinden können, die Sie uns allen heute sagt, dass
diese Worte unsere Worte werden, dass wir durch das innere Empfinden
dieser Worte Ruhe, Frieden und Trost finden, dass alle Ängste weichen
durch diesen inneren Gedanken, durch die Erinnerung daran, dass der Herr
bei uns ist.
Gottes Segen uns allen! Ich gratuliere Euch zur Mariä Verkündigung! Möge
diese Feier das Herz eines Jeden von uns berühren! Ich danke Euch,
behüte Euch Gott!