Predigt vom 28.6.2020 von Vater Henadzi Sar
3.07.2020 | Thema: Predigt |
Frohes Fest euch allen!
Heute haben wir aus dem Evangelium darüber gehört, wie der Herr sagt: „Kümmert euch nicht darum, was ihr esst und trinkt, sondern trachtet nach dem Himmelreich, denn ihr könnt nicht zwei Herren auf einmal dienen“, Gott und dem bösen Mammon. Diese Worte können manchmal missverstanden werden, und so kann man denken, dass wir uns um nichts kümmern müssen. Dabei es ist verlockend, ein reicher Mensch zu werden. Aber wir hier, in der Kirche, sind normalerweise keine reichen Leute. Wir haben Familien und Eltern, die meistens schon in einem höheren Alter sind. Wir müssen sie und unsere Zukunft im Blick behalten und unser Leben so gestalten, dass es allen gut geht. Stellt diese Lebensansicht einen Widerspruch zu den Worten Christi dar, Der sagt, dass wir uns um nichts kümmern müssen? Ich glaube nicht, dass es hier einen Widerspruch gibt, denn Christus wollte nicht, dass man sich um nichts kümmert, sondern dass man sich in all diesen Gedanken nicht verliert.
Ich erinnere mich an eine Klostergeschichte, in der zwei Mönche, Brüder, im frühen Christentum, in die Wüste gingen, ein Haus bauten und in der ägyptischen Wüste lebten. Einer von ihnen dachte: „Ich werde wie ein Engel sein: Ich werde mich um nichts kümmern, sondern wie ein Engel leben – nur beten“, und er lief zur Nacht weg. In der Nacht aber wurde es kalt, da es eine Wüste war. Denn in der Wüste ist es tagsüber heiß und nachts kalt. Morgens kam er nach Hause und klopfte an die Tür. Sein Bruder antwortet ihm: „Wer ist da?“ Der Mönch sagt: „Ich bin’s, dein Bruder“. Dann antwortet ihm der Bruder: „Das kann nicht sein. Du bist eine Versuchung, ein Dämon, denn mein Bruder ist ein Engel“.
„Öffne doch die Tür. Ich sterbe vor Kälte“. „Das kann nicht sein. Mein Bruder fühlt sich weder kalt noch hungrig.“ Schließlich hat er, der arme Mann, gebetet und gefastet, und die Mönche ließen ihn herein, ließen ihn sich aufwärmen und gaben ihm etwas zu essen.
Ich habe das Beispiel dafür, wie extrem man die Worte des Erlösers verdrehen kann, deswegen gegeben, weil wir uns manchmal willkürlich ausdenken, wie etwas sein soll, ohne eine gründliche Erfahrung darin zu haben.
Diese Frage ist tatsächlich interessant: wie soll das gehen?
Man muss seinen eigenen Lebensweg kennen, ihm folgen und seine Pflichten erfüllen, aber man darf nicht vergessen, dass es tiefere Dinge im Leben gibt.
Ist es möglich, sich an etwas zu erinnern, ohne dieses vorher zu erfahren? Das heißt, ohne vorher die Gnade Gottes zu erfahren, die es uns erlaubt, die Welt als etwas Unwichtiges im Vergleich zur Tiefe, zu tieferen Dingen zu sehen?
Es scheint mir persönlich, dass die theoretische Erkenntnis dieses Geheimnisses und die Entdeckung dieser Tiefe, vorausgehen, und die Praxis, wie man diese Tiefe selbst erreicht, später kommt. Zuerst verstehen wir also, dass es eine Tiefe gibt, und dann machen wir uns bewusst auf den Weg zu dieser Tiefe. Es scheint mir ein großer Fehler zu sein, wenn wir, ohne nähere Kenntnis dieser Tiefe versuchen selbst herauszufinden, welche Art von Leistung und Verhalten zu dieser Leidenschaftslosigkeit und Sorglosigkeit führen.
Jetzt erinnere ich mich an eine andere Geschichte, es war in Ägypten, als dort Christen lebten, als ein junger Mönch, es war ein junger Mann aus einer Großstadt und einer reichen Familie, zu einem älteren Mönch und Starez kam. Dieser behielt ihn dort für einige Zeit (vielleicht ein oder zwei Monate, vielleicht ein oder zwei Jahre) und schickte ihn dann zurück in die Stadt, wo er in einer Familie reicher Eltern gelebt hatte, wo er bedeutsam und herausragend gewesen war. Gleichzeitig hatte ihm der Starez nun angeordnet, dort auf der Straße zu bleiben und um Almosen zu bitten. Für den jungen Mann war es natürlich eine Menge Stress, denn er musste arm, unfreiwillig und bespuckt dorthin zurückkehren, wo er früher großartig gewesen war.
Tatsächlich litt der Arme zunächst mehrere Jahre lang und beruhigte sich dann. Den Rest der Geschichte kenne ich nicht. Aber vielleicht ist es eine Bestätigung, dass man auf diese Weise innere Demut und Stille finden kann?!
Andererseits sagt diese Geschichte nicht aus, was dieser Mönch erlebt hat, bevor er in die Wüste kam.
Hilf uns, Herr, dass wir uns um nichts kümmern müssen, und noch besser, dass wir genug Geld zum Leben haben, und dass dabei auch das geistliche Leben gut verläuft.
Herr, hilf uns allen!