Predigt von Erzpriester Sergij Baburin vom 2.8.2020
8.08.2020 | Thema: Predigt |
Predigt von Erzpriester Sergij Baburin
Hamburg, den 2.8.2020
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
An diesem Sonntag verehren wir den heiligen Propheten Elias. Wir haben
heute von ihm gehört, dass er ein grundlegender Prophet ist, das Urbild
des alttestamentarischen Propheten schlechthin. Dabei verstehen wir,
dass der Prophet Gottes Elias in der ganzen Heiligen Schrift ein
besonderer Mensch ist. Er lebte 900 v.Chr., fast ein Jahrtausend vor
Christi Geburt. In seinem Erdenleben gehört er einer sehr alten Epoche
an. Im Neuen Testament ist er anwesend auf dem Berg der Verklärung. Und
wir lesen, dass dieser Prophet in den letzten Tagen, den Zeiten des
Antichristen, der Welt wieder erscheinen werde. Auf erstaunliche Weise
erscheint dieser Prophet in den schicksalhaftesten Momenten der
menschlichen Geschichte. Wir wissen, dass der Prophet Gottes Elias
selbst der erste Mensch ist, der erste Gerechte, der das Wunder der
menschlichen Auferstehung vollbracht hat und selbst nicht dem irdischen
Tod erlegen ist, das heißt, er selbst ist ein Urbild Mysteriums der
Auferstehung. Wenn man über das Leben dieses Gerechten erzählen soll,
dann muss man festhalten, dass kurz nach dem Tod des berühmten
israelischen Königs Salomon starke Wirren im israelischen Reich
beginnen. Es beginnt der Kampf zwischen israelischen Geschlechtern, der
dazu führt, dass das Reich in zwei Teile geteilt wird, in zwei Teile
zerfällt. Es entsteht das Königreich Juda mit der Hauptstadt Jerusalem
und das Königreich Israel mit der Hauptstadt Samaria. Diese beiden
Königreiche gehen verschiedene Wege in ihrer Geschichte. Eine
kompliziertere Geschichte hat das Königreich Israel, weil es, obwohl
zahlreichere Geschlechter in es eingegangen sind, stärkerer Einwirkung
und Einfluss umliegender Völker unterlag. Schnell wird die Kultur des
Königreiches Israel durchdrungen von anderen Sitten und einem fremden
Glauben. Der Höhepunkt des Abfalls vom Glauben wird erreicht zur Zeit
des Königs Ahab, der nun gerade ein Zeitgenosse des Propheten Gottes
Elias war. Aus dem Buch der Könige wissen wir, dass er Isebel zur Frau
nahm. Das war eine Frau aus einem fremden Volk. Und sie war nicht nur
aus einem anderen Volk, sie war eine fanatische Anhängerin ihres
heidnischen Glaubens. Ihr Ziel war es, dem ihr fremden Volk ihren
Glauben einzupflanzen. Wir sehen, wie sie in das Königreich Israel eine
große Anzahl von Priestern bringt, welche dieses grobe Heidentum
predigen, das noch Menschenopfer dem Götzen Baal bringt. Es gab etwa 500
Priester dieses Kultes zu Lebzeiten des Propheten Elias. Und nun richtet
Gott diesen Heiligen auf, um die Infamie anzuprangern. Denn zusammen mit
den fremden Lehren, die unter das Volk kamen, zusammen mit dem Abfallen
vom Glauben, kam auch äußerste Ehrlosigkeit in das persönliche Leben der
Menschen: in das Familienleben und das Staatswesen. Und dieses mächtige
Reich versinkt in der Finsternis der Sünde. Zu dieser Zeit also mahnt
die Stimme des Propheten Elias, laut, durchdringend und sogar scharf,
dass die Menschen bereuen sollen, ihr Leben ändern müssen, zu dem
Glauben zurückkehren müssen, der ihnen von Gott selbst verkündet worden
war. Und als er sieht, dass seine Stimme von seinen Stammesangehörigen
nicht nur nicht erhört wird, sondern seine Predigten sogar den Zorn der
Königin wie auch des Königs auf sich ziehen, des Hofstaats und all
derer, denen ein gottloses Leben in Saus und Braus gefällt, da spricht
der Prophet Elias eine besondere Art prophetischen Fluchs aus, dass für
diese Infamie das Land von Not heimgesucht werden wird. Und es kommt
eine Trockenzeit, es kommt Hunger. In der Heiligen Schrift steht es so:
durch sein Gebet wurde der Himmel verschlossen für drei Jahre und sechs
Monate. Und nachdem der Prophet diese drohenden Worte gesprochen hat,
geht er in die Wüste, in die Berge, um zu beten. Und noch während er
dies tut, beginnt die Heimsuchung für das ganze Volk. Dort, in der
Wüste, tröstet der Herr den Propheten.
Es gibt ein interessantes Detail im Leben dieses erstaunlichen Menschen:
in seinem eigenen Leben sehen wir ihn kompromisslos bis in
Kleinigkeiten. Es gibt für ihn keine einzige Sache, der er seinen
Glauben opfern würde. Und nun richtet Gott diese Leuchte des Glaubens
auf, um die Infamie anzuprangern. Dabei ist er vollkommen integer in
seinem persönlichen Leben. Er ist von reinem heiligen Leben erfüllt. Und
diesem Eiferer in der Wüste tut es in der Seele weh, er verzehrt sich
vor Schmerz ob der Ehrlosigkeit seines Volkes, und er betet. Raben
bringen ihm Nahrung. Es gibt darüber interessante Gedanken von Johannes
Chrysostomus: der Herr sendet absichtlich Raben, die zur Zeit Johannes
Chrysostomus´ als die härtesten Eltern des Tierreiches galten, aber der
Herr schickt sie, ihn zu nähren, um seinen eifrigen Charakter bescheiden
werden zu lassen, damit der Eifer sich in Gnade verwandle. Und weiter
sehen wir, wie ein erstaunliches Wunder eintritt, als der Prophet Elias
Gott darum bittet, er möge sich ihm offenbaren. Und wieder offenbart
Gott Elias Bilder, die ihm nahe sind: Donner, Erdbeben, Blitze. Genau so
stellt sich der Prophet Elias Gott vor, so war auch seine Predigt. Aber
Gott sagt ihm: „Das bin nicht Ich. Wenn dich auch nur ein leichter Hauch
eines Windes streift, so bin Ich da.“ Auch hier versucht der Herr den
stürmischen Charakter seines Eiferers zu zähmen. Nach dreieinhalb Jahren
kehrt der Prophet zu seinem Volk zurück. Die meisten haben zur Reue
gefunden und sind bekehrt worden Die heidnischen Priester wurden verjagt
oder gar getötet. Ihm scheint es, das Volk hätte bereut, aber bald schon
muss er feststellen, dass es sich überhaupt nicht beeilt zu einem
gerechten Leben zurückzukehren. Auch die Königin und der König finden
sehr schnell zu einem sündigen Leben zurück. In Trauer, mit zerrissenem
Herzen geht er beten. Und hier sucht ihn der Herr wieder auf und sagt
ihm, er solle nicht glauben, er sei Sein einziger Diener im Königreich
Israel. Er sagt ihm, dass es 7000 Treue in diesem Reich gibt. Es schien,
es gäbe keine, aber der Herr kennt die Herzen seiner Diener. Und das ist
ein sehr wichtiger Fakt im Leben des Propheten Elias: er betet, Gott
möge sich ihm eröffnen. Und der Herr eröffnet sich ihm so, wie es im
Alten Testament möglich war. Denn im Alten Testament konnte Gott nur in
der Seele erfahren werden, im Gefühl. Es war unmöglich Gott zu sehen,
weil es unmöglich ist Gott zu sehen und nicht zu sterben, wie Gott zu
Moses sagt.
Deswegen erleben Moses und Elias Gott nur in der Seele und können Ihn
nicht sehen. „Aber ich bat, Ihn zu schauen!“. Und nach 1000 Jahren ruft
der Herr Elias herbei, Sein echtes Antlitz im inkarnierten Christus auf
dem Berg der Verklärung zu schauen. Es erfüllt sich das Gebet des
Propheten Elias. Das ist eine erstaunliche Sache, denn hier erfüllen
sich auch die Worte des Propheten Davids, der sagt, dass für Gott 1000
Jahre wie ein Tag sind und ein Tag wie 1000 Jahre. Wir nehmen das auf
wie eine Geschichte. Aber manchmal sagen die Leute: „Wie lange soll ich
denn noch beten? Der Herr hört mich wohl nicht.“ Nach 1000 Jahren
erlebte der Prophet Elias die Erfüllung seines Gebets, seiner Bitte, mit
seinen menschlichen Augen den inkarnierten Gott zu schauen. Für uns ist
das ein interessanter Trost, denn der Herr sieht außerhalb der Zeit und
hört jeden Menschen. Der Herr kennt jedes Schicksal, Leben und das Herz
eines jeden von uns und schickt uns Seine Gegenwart und eine Berührung
mit Gott erst dann, wenn sie für uns möglich, nützlich und der Rettung
unserer Seele hilfreich ist.
Es ist wichtig zu bemerken, dass ein erstaunliches Phänomen des
Propheten Elias darin besteht, dass er gemäß der kirchlichen
Überlieferung uns wieder erscheint in der letzten Epoche des
menschlichen Lebens, zu der Zeit, in der die menschliche Geschichte
ihrem Ende zu geht, zu der Zeit, über die wir in der theologischen
Sprache von der Eschatologie sprechen oder der Epoche des Antichristen,
wie diese Zeit auch manchmal genannt wird. Wir lesen im Kapitel 11 der
Offenbarung des Johannes, dass uns zwei Propheten erscheinen werden,
zwei Gerechte, die uns predigen werden von der Reue in der letzten Zeit.
Denn diese Zeit wird ähnlich sein zu der Zeit des Propheten Elias: es
wird der Glaube ebenso in Vergessenheit geraten sein, es wird die Sünde
ebenso herrschen und zur Norm erhoben. (Off.11,03) Und wir sehen, dass
wir von Jahr zu Jahr immer mehr diese Zeichen erkennen, die hier
beschrieben werden. Wir wissen nicht, ob wir das Recht haben dies zu
behaupten, denn wir wissen dass die Christen zu allen Epochen und Zeiten
gefühlt haben und fühlen mussten, dass sie in der letzten Zeit leben.
Denn so war das Vermächtnis des Herrn: in dem Gefühl zu leben, es in
Erinnerung zu halten und so zu leben, als erlebte man die letzten Tage.
Aber, wer weiß, vielleicht sieht noch jemand von uns hier mit eigenen
Augen diesen Propheten, der die Grundlage gelegt hat für die
alttestamentarische Heiligkeit. Wer weiß.
Die Schrift spricht davon, dass das irdische Leben dieses Propheten noch
eine Fortsetzung finden wird. Im Laufe von dreieinhalb Jahren wird er
gemeinsam mit dem Prophet Henoch, einem anderen Gerechten, predigen.
Auch Henoch hat den Tod nicht gekostet. Auch er ging in den Himmel ein,
ohne einen gesetzmäßigen menschlichen Tod gestorben zu sein. Und diese
beiden Menschen werden über das Unrecht predigen in dieser Zeit und über
die Ehrlosigkeit der Menschen, die versuchen sich die ganze Erde
untertan zu machen und sich wie ein Gott verehren zu lassen. Und dann
lesen wir im Kapitel 11 der Offenbarung, dass beide getötet werden. Auch
sie werden noch die Grenze überschreiten, die jeder Mensch überschreiten
muss. Aber zu der Zeit, die der Herr ihnen zugeschrieben hat.
Dreieinhalb Jahre werden sie predigen, und dreieinhalb Tage werden ihre
Körper nicht der Erde übergeben. Nach diesen dreieinhalb Tagen werden
sie auferstehen vor den Augen aller Menschen und in den Himmel eingehen,
und danach wird die letzte, schwierigste Zeit beginnen. So wird das Bild
gemalt der letzten Tage in Kapitel 11 der Offenbarung.
Darum, wer weiß, vielleicht wird noch einer von uns diesen großen
Propheten in seinem Leben begegnen. Und darum hören wir auch mit solchem
Interesse über das Leben Elias´, und mit Inbrunst wollen wir uns heute
an ihn wenden, dass er uns von seinem Eifer mitteile. Nicht den
alttestamentarischen Eifer, der Blut gefordert hat, denn wir haben
gesehen, dass der Herr seinen Charakter gemäßigt hat, sondern Eifer und
Kompromisslosigkeit in Bezug auf uns selbst, in Bezug auf das Leben, das
wir hier miteinander erleben. Wir müssen uns an eine einfache Sache
erinnern: wir können nur auf eine einzige Art und Weise gegen diese Zeit
der Abwendung vom Glauben angehen und ihr widerstehen: nur in unserem
persönlichen geistigen Leben, nur mit persönlichem Eifer und Reinheit,
wie sie uns der Prophet Gottes Elias gezeigt hat. Denn alle anderen
befinden sich in der Angst, sammeln Gerüchte, verbreiten die Angst an
andere. Das alles ist Wasser auf die Mühlen des Antichristen, wie das
Sprichwort sagt.
Gebe Gott, dass wir genauso eifrig sind im persönlichen Leben, wie es
der Prophet Gottes Elias war. Aber gnädiger, wie auch er in seinem
Charakter gedämpft wurde durch die Zeichen in seinem irdischen Leben.
Liebevoll in Verbindung zu unseren Nächsten. Wir erinnern uns daran,
dass wir uns dem Hass nicht hingeben dürfen, der Bosheit, der
Gereiztheit oder Verurteilung. Wir müssen verstehen, dass trotz der
schwierigen Zeiten, die jeden Christen ereilen können, ein Christ
aufgerufen ist, Zeuge der österlichen Freude zu sein, ein Zeuge für
innere Freude, die durch den im Herzen erworbenen Frieden entsteht. Gebe
Gott, dass all das in unser Leben eingehe und unser wichtigster innerer
Reichtum werde.
Gott behüte uns alle, liebe Brüder und Schwestern und Gottes Segen für
die bevorstehende Woche!