Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen
13.09.2005 | Thema: Ambrosius Backhaus |
Dr. A. Backhaus
22087 Hamburg
02. Jan. 2005
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Liebe Brüder und Schwestern!
Der heilige Apostel Paulus schreibt:
Hebr. 10, 31:
31 Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Dreimal hören wir heute von dem Schrecken, der uns überfällt, da der allmächtige Gott, DER uns liebt und DER uns in Liebe geschaffen hat, Seine Schöpfung durch das Dunkel des Grauens in das Licht Seiner Herrlichkeit führt.
Am Sonntag vor dem Fest der Geburt des Herrn hören wir den Stammbaum Jesu, aus dem die Immerjungfrau Maria geboren ist. (2. Januar ‚O5, 20. Dezember alten Stiles)
Am 2. Januar feiern wir den Tag des heiligen Johannes von Kronstadt.
Am 26. Dezember zerstören und töten Wassermassen in Südasien in weiten Gebieten die Schöpfung, Menschen und ihre Werke.
Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.
Von vier Frauen erzählt der Stammbaum – eine ist Rahab, die Hure von Jericho.
Matthäus 1:
5 Salmon zeugte Boas mit der Rahab.
Josua schickt Kundschafter nach Jericho – einer der ältesten Städte des gelobten Landes, vielleicht der Welt, zudem die Stadt, die an der tiefsten Stelle 250 Meter unter der Meeresoberfläche liegt; eine andere so stark befestigte Stadt ist aus dieser Zeit nicht bekannt (drei Meter dicke Mauern, sieben Meter hoch mit einem neun Meter hohen Turm). Man glaubt, daß über tausend Menschen hier gelebt haben. Josua schickt Kundschafter, die sich bei der Hure Rahab verbergen, entdeckt werden und von Rahab in einem Korb über die hohe Stadtmauer herabgelassen werden und entkommen.
Josua schließt die Stadt ein; das Heer der Israeliten kann die Stadt nicht einnehmen, aber die Posaunen, die dem Heer vorangetragen und nach der dritten schweigenden Umkreisung der Mauern geblasen werden, lassen die Mauern alle nach innen einstürzen.
Alles wird auf Befehl Gottes getötet: Menschen und Tiere, Frauen, Kinder wie Männer.
Jos 6, 25:
25 Rahab aber, die Hure, samt dem Hause ihres Vaters und alles, was sie hatte, ließ Josua leben. Und sie blieb in Israel wohnen bis auf diesen Tag, weil sie die Boten verborgen hatte, die Josua gesandt hatte, um Jericho auszukundschaften. Salmon heiratete Rahab und zeugte Boas, der der Mann (Rut 4,13) einer fremden Frau aus Moab wurde: Rut, die mit Thamar und Betseba im Stammbau Jesu genannt wird. Thamar, die sich als Hure (l. Mose 38,14) verkleidet, Betseba, die durch ihre Schönheit den König David zum Ehebruch und Mord treibt.( 2. Samuel 11,2) David kehrt um, kehrt sich ab von seinen schrecklichen Taten und betet zu Gott mit den Worten des Psalms (Ps. 51), den auch wir jeden Tag beten.
Gott, sei mir Sünder gnädig!
1 Ein Psalm Davids, vorzusingen, 2 als der Prophet Nathan zu ihm kam, nachdem er zu Batseba eingegangen war. 3 Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte, und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. 16 Errette mich von Blutschuld, Gott, der du mein Gott und Heiland bist, daß meine Zunge deine Gerechtigkeit rühme. 17 Herr, tu meine Lippen auf, daß mein Mund deinen Ruhm verkündige.
Auf diesen für uns oft unverständlichen und furchtbaren Wegen offenbart sich Gottes Liebe und Herrlichkeit, DER Davids Sünde abwäscht, daß David weißer wird als der Schnee, DER Thamars Unschuld offenbart und Rahab und Rut in die lange Reihe der Mütter einfügt, aus der Maria hervorgeht, aus der der Erlöser geboren wird. Schreckliche Geschichten aus dem Alten Testament, die – uns unbegreiflich – der Weg sind, auf dem das Kind in der Krippe geboren wird.
Kronstadt, Hafenstadt auf einer Insel bei Petersburg, in der der heilige Johannes Priester war. 1909 starb der Mann, der alles Gott zutraute und der in einer Welt des Schreckens betete. Die kleine Stadt mit dem schönen-Namen war Festung und Hafenstadt vor der unter Peter dem Großen neu gegründeten Großstadt. Eine Stadt von Not und Schrecken – Betrunkene, Huren, Zuhälter, Diebe, Seeleute, die kein Schiff hatten -, Garnison mit vielen Soldaten, eine Welt die zum Chaos, zur Unmenschlichkeit, zum Verbrechen neigte.
Eire christliche Stadt mit vielen Russen und Fremden, die mit den Schiffen kamen oder auf Schiffe warteten. Ein Ort, wo es für viele kein Ziel, kein Hoffnung auf ein menschliches Leben gab, es wurde im Zwielicht manches und viel verdient, und viele hatten weder Obdach noch Essen. Der Alkohol war der verhängnisvolle Tröster, der Menschen in eine Lage brachte, die aller Hilfe spottete.
Mag es auch hübsche Häuserreihen gegeben habe, der Priester Johannes lebte und betete für die Ausgestoßenen. Jeden Morgen fuhr er sehr früh aus Petersburg mit dem Zug nach Kronstadt – die einzige Zeit, wo er ein wenig schlief -, er lebte mit Christus und betete in unerschütterlichem Zutrauen zu Christus, im Zug, auf der Straße, in der großen Kirche. Sein Herz war allezeit wach, und er betete für die, die der Hilfe bedurften, mit jedem Atemzug.
So steh es im Hohen Lied:
„Ich schlafe, aber mein Herz wacht.“ (5,2) Vater Johannes betete unablässig für eine jede und für einen jeden; er kannte keinen Unterschied. In jedem Menschen fand er Christus. So wuchsen Häuser für Obdachlose, für (wie es auch damals gerne hieß) „gefallene Mädchen“; er fragte nicht nach Konfession, Religion, nicht danach, aus welchem Kontinent ein Mensch kam; nicht, ob er zu den ordentlichen Zeitgenossen gehörte. Zu seinen Gottesdiensten kamen viele; es geschahen viele Wunder durch sein Gebet, als er lebte – durch seine Fürbitte, als er diese Welt verlassen hatte.
Unter den „Verworfenen“ und Betrunken offenbarte sich durch den Glauben und das Gebet des Heiligen die Liebe und Herrlichkeit Gottes. Die Welt hat sich verändert seit Jericho; Gott steht nicht mehr zu recht, wie früher, auf den Koppelschlössern der Soldaten: „Gott mit uns“. Christus ist der König des Friedens und der Heiland unserer Seele. Wir beten für unsere Feinde, für die, die uns hassen und die uns verfolgen; wir beten, daß nicht einer verloren werde und alle zur Erkenntnis der Wahrheit in Christo gelangen. Wir beten nicht mit dem unerschütterlichen Vertrauen des heiligen Johannes von Kronstadt, des St. Pauli von St. Petersburg. Der Heilige aber betet mit uns und für uns und ruft uns in vielen Briefen und Schriften zum Vertrauen auf Christus, DER unsere Gebet hört, DER ein Gott ist, DER hier und heute Wunder tut, wie wir es so deutlich und feierlich am Abend des Ostersonntags singen:
„GOTT IST EIN GOTT, DER WUNDER TUT!“ (Psalm 77, 14-15)
Die Heiligen Schriften reden von der Schöpfungsgeschichte in jedem Buch bis zur Offenbarung des Johannes, daß Gott Schöpfer und Herr aller Dinge, aller Wasser, aller Quellen ist. So fragte ER Hiob, der mit Gott haderte:
Hiob 38,16:
16 Bist du zu den Quellen des Meeres gekommen und auf dem Grund der Tiefe
gewandelt? Und in den Psalmen hören wir wieder und wieder:
Psalm 104:
6 Mit Fluten decktest du es wie mit einem Kleide, und die Wasser standen über
den Bergen. 7 Hber vor deinem Schelten flohen sie, uor deinem Donner fuhren sie dahin. 8 Die Berge stiegen hoch empor, und die Täler senkten sich herunter zum Ort, den du ihnen gegründet hast. 9 Du hast eine Grenze gesetzt, darüber kommen sie nicht und dürfen nicht wieder das Erdreich bedecken. 10 Du lässest Wasser in den Tälern quellen, daß sie zwischen den Bergen dahinfließen, GOTT schuf die Erde und bewahrt sie in Seinem Segen;
Psalm 92/3-2: „ER hat den Kosmos gegründet, daß er nicht wanken wird.“ Durch IHN sind Seine Engel gesandt und die Tiefen brechen auf und das Chaos erschüttert die Welt der Menschen.
Offenbarung des Johannes:
12 Und ich sah: als es das sechste Siegel auftat, da geschah ein großes Erdbeben, und die Sonne wurde finster wie ein schwarzer Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut, 13 und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von starkem Wind bewegt wird. 14 Und der Himmel wich wie eine Schriftrolle, die zusammengerollt wird, und alle Berge und Inseln wurden wegbewegt von ihrem Ort.
In immer neuen Bildern reden die Heiligen Schriften von der MACHT Gottes, DER uns erschreckt in Seinem Handeln, in dem Gott in furchtbaren Wundern die Welt, die unsere Erde ist, erschüttert.
Unser Glaube verwandelt unser Entsetzen, da wir in Furcht und Zittern bekennen:
GOTT handelt! Kein Zufall, kein kleiner oder großer Dämon lassen die Wasser über die Erde brausen und vieles zerstören, sondern der Herr hat Seine Engel gerufen. In allem, was aus der Tiefe der Natur und Schöpfung geschieht, redet Gott zu uns.
Vor der furchtbaren, übermenschlichen Macht der Schöpfung geht Christus uns voran nach Gethsemane und stellt mit uns und für uns die Frage:
Matthäus 26, 39:
„Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich
will, sondern wie du willst!“
Mit uns fragt Christus den Vater: „Ist es möglich, so gehe dieser Kelch vorüber.“
Des Vaters Willen geschieht auf dem Hochpflaster vor Pilatus, am Kreuz zwischen den Schächern in Golgatha.
Das ist der Weg, auf dem das Grab zur Quelle der Auferstehung wird. Unser Verstand vermag CHRISTUS nicht zu folgen auf diesem Weg. Unser Herz bleibt bei IHM und geht mit IHM: von Gethsemane nach Golgatha, durch die Schrecken des Kreuzes, durch Katastrophen, durch das Chaos unserer Tage.
Wir sind auf dem Weg zum Licht der Auferstehung, zur Herrlichkeit Gottes auch im Dunkel, da sich die Sonne verdunkelte, da wir Gottes Liebe nicht erkennen und uns verlassen fühlen, wie der Herr am Kreuz.
Matth. 27:
46 Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen. So sind wir bei Christus, auf Golgatha – und ER ist bei uns, heute und jetzt. Seine Nähe trägt uns, Seine Liebe begleitet uns, wir gehen mit IHM dem Licht der Herrlichkeit entgegen.
Wir singen bei jedem Gedenken derer, die uns vorangegangen sind:
„Das Meer des Lebens, sah ich aufgewühlt vom Sturm der Gefahren, zu DEINEM
stillen Hafen bin ich gelangt und rufe zu DIR: Führe aus der Vergänglichkeit mein
Leben, DU Allgütiger.“
Ob im unauffälligen Leben, ob in dem Sturm der Katastrophen – das Meer unseres Lebens ist allezeit aufgewühlt vom Sturm der Gefahren. Flutwellen entwurzeln Bäume, und Städte, stürzen Inseln und feste Häuser in die alles verschlingenden Fluten. Und zugleich werden sich Freunde und Eltern und Kinder einer Familie zu erbitterten Feinden, verlassen Kinder ihr Elternhaus mit Verachtung und sehen Eltern in ihren Kindern nur Taugenichtse und Chaoten; der fremde Nachbar wird zum verachteten Menschen anderer Klasse. . . Die Liste dieser menschlichen Katastrophen hat kein Ende. Sichtbar und hörbar stürzen Wassermassen über Pflanzen, Tiere und Menschen. Kaum beachtet machen sich adrett gekleidete Angestellte das Leben zur Hölle.
Fluten des Meeres können wir nicht aufhalten, aber Hochmut, Verurteilung der Nächsten, Hartherzigkeit inmitten unserer Familie können wir ablegen und umkehren, wie es der Herr uns zuruft. Vertrauen wir IHM unser alltägliches Leben an zum Heil und zur Freude unserer Nächsten und bitten wir wieder und wieder, Tag für Tag, Stunde für Stunde, daß der Herr Frieden schenke und wirke in unserem Alltag und in den Weiten der Ozeane und vor den rauchenden Bergen, im Schrecken der Krankheiten und in der Feindschaft unter Menschen, daß wir auf dem Weg des Lebens und in den Wegen des Todes zu Seinem stillen Hafen gelangen.
Und so beten wir den Psalm zu Ende, den der Herr am Kreuz begonnen hat mit den ersten Worten:
„Mein Gott, mein Gott, warum hast DU mich verlassen?“ (Ps. 21/22, 2)
Ps. 21/22:
25 Denn er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des firmen und sein Antlitz vor ihm nicht verborgen; und als er zu ihm schrie, hörte er’s. 26 Dich will ich preisen in der großen Gemeinde!
Amen!
Ambrosius Backhaus
(23.08.1923 – 03.04.2005)
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